Teilhabe

FAQ zum Angehörigen-Entlastungsgesetz

A. Unterhaltsentlastung für Angehörige in der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe

1. Worum geht es beim Angehörigen-Entlastungsgesetz?

Mit dem Gesetz sollen Kinder und Eltern, die gegenüber Leistungsbeziehern nach dem SGB XII unterhaltsverpflichtet sind, entlastet werden. Wer heute Sozialhilfe bekommt, muss in vielen Fällen befürchten, dass das Sozialamt Angehörige zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Wenn etwa Eltern pflegebedürftig werden und nicht genug Geld für die Pflege vorhanden ist, übernimmt das Sozialamt häufig die Kosten (sogenannte "Hilfe zur Pflege"). In vielen Fällen holt sich das Sozialamt aber das Geld von den Angehörigen zurück.

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wollen wir die Situation für unterhaltsverpflichtete Eltern und Kinder von Hilfebedürftigen in der Sozialhilfe, aber auch in der Eingliederungshilfe und dem Sozialen Entschädigungsrecht wesentlich verbessern. Verdienen die betroffenen Unterhaltsverpflichteten in der Sozialhilfe beispielsweise im Jahr bis zu 100.000 Euro, müssen sie dem Sozialamt die entstandenen Kosten in der Regel nicht mehr erstatten. Gleichzeitig wird mit dem Entwurf ein Signal gesetzt, dass die Gesellschaft die Belastungen von unterhaltsverpflichteten Eltern und Kindern, beispielsweise bei der Unterstützung von Pflegebedürftigen, anerkennt und insofern eine solidarische Entlastung erfolgt.

2. Welche gesetzliche Regelung gilt bislang bei Unterhaltsansprüchen von Pflegebedürftigen?

Das geltende Recht geht von gegenseitigen Einstandspflichten innerhalb der engeren Familie aus. Wenn der sozialhilferechtliche Pflegebedarf nicht aus dem Einkommen und dem Vermögen des Pflegebedürftigen selbst gedeckt werden kann, gehen in der Regel die Unterhaltsansprüche des Pflegebedürftigen bis zur Höhe der geleisteten Sozialhilfeaufwendungen auf den Sozialhilfeträger über. Der Unterhaltsbeitrag, den Angehörige zu erbringen haben, richtet sich dann nach den Unterhaltsansprüchen des bürgerlichen Rechts (BGB).

Dies bedeutet aber nicht, dass die Angehörigen unbegrenzt haften. Schon heute sieht das Unterhaltsrecht Schutzvorschriften vor, wie beispielsweise einen erhöhten Selbstbehalt von Kindern gegenüber ihren bedürftigen Eltern. Dieser Selbstbehalt wird in der Praxis bei Alleinstehenden in Höhe von mindestens 1.800 Euro ("Düsseldorfer Tabelle" vom 1. Januar 2019) anerkannt. Von dem darüberhinausgehenden, bereits um unterhaltsrechtlich relevante Abzüge bereinigten Nettoeinkommen sind in der Regel nur 50 % für den Unterhalt einzusetzen. Vermögen, wie beispielsweise ein angemessenes Eigenheim, muss grundsätzlich nicht eingesetzt werden, wenn es der eigenen Alterssicherung dient. Außerdem darf der Unterhaltsverpflichtete bis zu 5 % seines Bruttoeinkommens neben der gesetzlichen Altersvorsorge als zusätzliche private Altersvorsorge ansparen, ohne auf bestimmte Anlageformen festgelegt zu sein.

3. Wer wird durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz entlastet?

Unterhaltspflichtige Angehörige von Menschen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege oder andere Leistungen der Sozialhilfe erhalten, werden spürbar entlastet. Künftig werden Eltern und Kinder unterhaltsberechtigter Leistungsbezieher erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro (je unterhaltsverpflichteter Person) für die Kosten mit herangezogen. In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gilt diese Regelung schon heute. Außerdem werden unterhaltsverpflichtete Eltern entlastet, deren volljährige Kinder Eingliederungshilfe beziehen. Sie müssen künftig keinen Beitrag mehr zu den Leistungen für ihre Kinder aufbringen.

4. Wie werden die Kinder pflegebedürftiger Eltern durch das neue Gesetz entlastet?

Bislang geht der Unterhaltsanspruch pflegebedürftiger Eltern, die Hilfe zur Pflege erhalten, auf den Sozialhilfeträger über. Die Unterhaltsverpflichtung der Kinder regelt sich dabei nach dem bürgerlichen Recht (BGB) (siehe Frage 2). Künftig soll auf das Einkommen von Kindern pflegebedürftiger Eltern erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro (je unterhaltsverpflichteter Person) zurückgegriffen werden. In der Sozialhilfe wird der Unterhaltsrückgriff daher bis zu einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro entfallen und in der Eingliederungshilfe gegenüber Eltern volljähriger Kinder sogar vollständig. Um der besonderen Lebenslage von Menschen im Sozialen Entschädigungsrecht Rechnung zu tragen, wird auch hier die Regelung entsprechend angepasst.

5. Warum sind nicht auch Ehegatten von der 100.000 Euro-Grenze erfasst?

Mit dem Gesetz sollen Kinder und Eltern, die gegenüber Leistungsbeziehern nach dem SGB XII unterhaltsverpflichtet sind, entlastet werden. Damit soll die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden, dass auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern künftig erst ab einer Höhe von 100.000 Euro im Jahr zurückgegriffen wird.

Laut Koalitionsvertrag sollen nur die unterhaltsverpflichteten Kinder von Leistungsempfängern der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII entlastet werden. Mit dem Gesetzentwurf geht das BMAS aber insoweit über die Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag hinaus, als auch die Zurückdrängung des Unterhaltsrückgriffs nicht nur im Verhältnis Kinder-Eltern, sondern auch im Verhältnis Eltern-Kinder gilt.

Die 100.000 Euro-Grenze findet über die Hilfe zur Pflege hinaus auch bei sonstigen Leistungen in der Sozialhilfe sowie im Sozialen Entschädigungsrecht Anwendung.

Von einer Übertragung der neuen Regelung zum Unterhaltsrückgriff auch auf Ehegatten wird wegen deren besonderen gegenseitigen familiären Einstandspflicht abgesehen. Im SGB XII wird dieser besonderen Verpflichtung durch das Institut der Einstandsgemeinschaft (§ 27 Abs. 2 SGB XII) Rechnung getragen. Leben Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt, ist das Einkommen beider Ehegatten bei der Frage einer eventuellen Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Die Frage einer Heranziehung als Unterhaltsverpflichteter durch den Träger der Sozialhilfe stellt sich hier gar nicht.

Weder der Koalitionsvertrag noch die bereits bestehende Regelung in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sehen folgerichtig eine Entlastung von Ehegatten vor, sodass diese Personengruppe nicht zu den Begünstigten dieser Reform gehört.

6. Sind 100.000 Euro als Grenze nicht zu hoch angesetzt? Bei einem Monatsverdienst über 8.000 Euro können doch Kinder für ihre Eltern aufkommen. Nun muss ich die Kosten über die Steuern mittragen.

Im SGB XII besteht schon heute eine Regelung, die die 100.000 Euro-Grenze bisher allein für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel SGB XII) regelt. Diese Regelung wird mit dem Gesetz in das für alle Leistungen des SGB XII geltende Elfte Kapitel des SGB XII verschoben und entsprechend angepasst. Insoweit wird mit dem Betrag von 100.000 Euro eine bewährte und rechtssystematisch plausible Einkommensgrenze für das gesamte SGB XII und die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX festgesetzt.

Für das SGB XII besteht die 100.000-Euro-Grenze in dieser Form bereits seit seiner Schaffung am 1. Januar 2005 im Vierten Kapitel SGB XII, § 43 Abs. 5 SGB XII. Zuvor gab es diese Grenze bereits im damaligen Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG). Sie hat sich über diesen langen Zeitraum bewährt und soll daher jetzt vom Gesetzgeber nicht in ihrem Regelungskern verändert, sondern lediglich zugunsten der anderen Unterhaltsverpflichteten von leistungsberechtigten Personen im SGB XII ausgeweitet werden.

Durch ein Absenken des Betrags innerhalb des gesamten SGB XII - also auch im Vierten Kapitel SGB XII - würden ursprünglich nicht zum Unterhalt verpflichtete Personen sodann unterhaltspflichtig, obwohl sich an der Einkommenssituation dieser Personen nichts geändert hat. Würde im SGB XII - Ausnahme Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - eine niedrigere Grenze als 100.000 Euro eingeführt, würde dies zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu unterhaltsverpflichteten Eltern und Kindern von Leistungsempfängern der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung führen. Dies ist nicht gewollt.

7. Warum sollen Eltern weiterhin ambulant zuhause von den Kindern gepflegt werden? Ohne eine finanzielle Belastung ist eine Unterbringung im Heim für den Pflegenden und seine Familie doch eine erhebliche Entlastung von der pflegerischen Tätigkeit.

Wer heute Sozialhilfe bekommt, muss in vielen Fällen befürchten, dass das Sozialamt Angehörige zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Wenn etwa Eltern pflegebedürftig werden und nicht genug Geld für die Pflege vorhanden ist, übernimmt das Sozialamt häufig die Kosten (sogenannte "Hilfe zur Pflege"). In vielen Fällen holt sich das Sozialamt aber das Geld von den Angehörigen zurück.

Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wollen wir diese Situation für unterhaltsverpflichtete Eltern und Kinder von Hilfebedürftigen in der Sozialhilfe, der Eingliederungshilfe und dem Sozialen Entschädigungsrecht wesentlich verbessern. Verdienen die betroffenen Unterhaltsverpflichteten im Jahr bis zu 100.000 Euro, müssen sie dem Sozialamt die entstandenen Kosten in der Regel nicht mehr erstatten. Gleichzeitig wird mit dem Entwurf ein Signal gesetzt, dass die Gesellschaft die Belastungen von unterhaltsverpflichteten Eltern und Kindern, beispielsweise bei der Unterstützung von Pflegebedürftigen, anerkennt und insofern eine solidarische Entlastung erfolgt.

Durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz wird dem Vorrang ambulanter Pflege vor stationärer Pflege nicht widersprochen. Vielmehr erlaubt die Regelung überlasteten, verantwortungsbewussten Angehörigen, die Pflege bei Notwendigkeit abzugeben, ohne finanzielle Folgen für die gesamte Familie fürchten zu müssen. Auch den Pflegebedürftigen selbst wird die Sorge genommen, dass ihre Kinder vom Sozialamt herangezogen werden könnten, wenn sie in einem Pflegeheim betreut werden.

Die Entlastung durch die 100.000 Euro-Grenze führt dazu, dass mit der Pflege überforderte Eltern und Kinder durch die Maßnahme entlastet werden und Familien, die mit der Pflegesituation gut zurechtkommen, ihre Angehörigen auch weiterhin verantwortungsvoll pflegen und unterstützen können.

8. Werden durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz auch Kinder von Eltern entlastet, die zwar nicht pflegbedürftig sind, aber eine Behinderung haben und deswegen Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten?

Kinder von Eltern, die zwar nicht pflegebedürftig sind, aber eine Behinderung haben und deswegen Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, werden - unabhängig vom Angehörigen-Entlastungsgesetz - bereits durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) entlastet. Dort ist geregelt, dass Kinder von Eltern mit Behinderungen ab dem 1. Januar 2020 überhaupt nicht mehr zu Leistungen der Eingliederungshilfe, die ihre Eltern erhalten, herangezogen werden.

9. Mein volljähriges Kind hat eine starke Behinderung und wir sind auf Hilfe von Pflegediensten angewiesen. Bisher wurden wir als Eltern anteilig vom Sozialhilfeträger herangezogen, da wir beide berufstätig sind. Ändert sich jetzt etwas für uns?

Ja, denn künftig wird auch in diesen Fällen die 100.000 Euro-Grenze Anwendung finden.

Nur bei einem Einkommen oberhalb dieser Grenze kann der Sozialhilfeträger die Eltern zu Leistungen der Sozialhilfe heranziehen. Bei volljährigen Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe und Pflegebedürftigen ist die Unterhaltsheranziehung der Eltern auch weiterhin in der Hilfe zur Pflege auf 34,44 Euro pro Monat und in der Hilfe zum Lebensunterhalt sowie der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auf 26,49 Euro pro Monat gedeckelt (Stand 1. Januar 2020).

Darüber hinaus entfällt mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz, dass unterhaltspflichtige Eltern volljähriger Kinder mit Behinderungen einen Beitrag zu deren Eingliederungshilfeleistungen leisten müssen - gänzlich unabhängig von ihrem Einkommen.

Diese Entlastungen werden auch im Sozialen Entschädigungsrecht nachvollzogen.

10. Ich erziele als Alleinstehender ein jährliches Bruttoeinkommen von 70.000 Euro und komme gegenwärtig im Rahmen der Unterhaltsheranziehung durch den Sozialhilfeträger für die Pflege meiner Mutter mit auf. Ändert sich etwas für mich?

Ja, denn derzeit geht der Unterhaltsanspruch pflegebedürftiger Eltern, die Hilfe zur Pflege erhalten, auf den Sozialhilfeträger über und die unterhaltsverpflichteten Kinder werden nach dem bürgerlichen Recht (BGB) an den Kosten beteiligt (siehe Frage 2). Künftig wird auf das Einkommen von Kindern pflegebedürftiger Eltern aber erst ab einem Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro zurückgegriffen. Die Möglichkeit eines Unterhaltsrückgriffs durch den Sozialhilfeträger wird durch das Gesetz damit bis zu einem Einkommen von 100.000 Euro ausgeschlossen.

11. Meine Eltern müssen jetzt gepflegt werden und erhalten ergänzend zu den Leistungen der Pflegeversicherung Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, weil ihr eigenes Einkommen nicht ausreicht. Sie haben nur ein geringes Vermögen von 10.000 Euro. Wieviel müssen sie von diesen Ersparnissen für die Pflege bezahlen?

Der allgemeine Vermögensschonbetrag im SGB XII beträgt grundsätzlich mindestens 5.000 Euro und kann im Einzelfall erhöht werden. Dieser Vermögensschonbetrag gilt unter anderem auch für jede volljährige Person, die zu einer sozialhilferechtlichen Einstandsgemeinschaft gehört. Dementsprechend werden bei jedem Elternteil 5.000 Euro vor einer Heranziehung durch den Sozialhilfeträger geschont, insgesamt also 10.000 Euro. Damit dürfen die Eltern ihre Ersparnisse vollständig behalten.

12. Ich verdiene sehr gut (über 100.000 Euro). Mein Bruder nicht mal die Hälfte. Muss ich seinen Anteil für die Pflege unseres Vaters mittragen?

Grundsätzlich nicht. Die sozialhilferechtliche Unterhaltsheranziehung erfolgt nämlich nur im Rahmen der eigenen unterhaltsrechtlichen Verpflichtung. Dasjenige Kind, das die 100.000-Euro-Grenze mit seinem Einkommen überschreitet, wird also vom Träger der Sozialhilfe nur insoweit herangezogen, als auch ein zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch des bedürftigen Elternteils gegen eben dieses Kind besteht. Mehrere gleich nahe Verwandte (z.B. Geschwister) haften dabei grundsätzlich prozentual anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen und nicht nach Kopfteilen.

13. Meine Eltern sind im Pflegeheim. Ich arbeite nur im Minijob. Meine Frau verdient hingegen über 100.000 Euro. Muss meine Frau für ihre Schwiegereltern zahlen?

Nein, der Unterhaltsanspruch geht nur auf den Sozialhilfeträger über, wenn die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person im ersten Grad verwandt ist. Insofern sind Schwiegerkinder vom Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger nicht betroffen.

14. Was muss ich jetzt tun, damit ich von der neuen 100.000 Euro-Grenze profitiere?

Künftig wird auf das Einkommen unterhaltsverpflichteter Angehöriger erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro je unterhaltspflichtige Person zurückgegriffen. Die Möglichkeit eines Unterhaltsrückgriffs durch den Sozialhilfeträger wird damit ab dem 1. Januar 2020 beschränkt. Der Unterhaltsverpflichtete muss keine weiteren Schritte einleiten. Es wird grundsätzlich vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen die Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro nicht überschreitet.

15. Was wird in die neue 100.000 Euro-Grenze alles eingerechnet? Nur das Gehalt oder auch Einnahmen aus der Vermietung einer Wohnung? Was ist mit anderen Vermögensgegenständen?

Die 100.000 Euro-Grenze umfasst das gesamte Jahresbruttoeinkommen. Das bedeutet, dass auch sonstige Einnahmen wie aus Vermietung, Verpachtung oder Wertpapierhandel als Einkommen im Sinne der 100.000 Euro-Grenze zu berücksichtigen sind.

Vorhandenes Vermögen wird dabei nicht berücksichtigt.

16. Kann ich die Zahlungen, die ich bisher für die Pflege meiner Eltern geleistet habe, zurückbekommen?

Nein, eine rückwirkende Anwendung der Regelungen erfolgt nicht. Das Gesetz soll am 1. Januar 2020 in Kraft treten und ab diesem Zeitpunkt für laufende Fälle gelten.

17. Warum wird die Versorgungslücke für die Pflege durch Angehörige oder die Sozialhilfe gedeckt? Macht es nicht mehr Sinn, die Pflegeversicherung zu überdenken?

Die Pflegeversicherung ist nur ein Teilleistungssystem. Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wird ein ganz anderer Zweck verfolgt: eine zügige und spürbare Entlastung unterhaltsverpflichteter Eltern und Kinder in der Sozialhilfe. Dieses Ziel wird auch erreicht.

18. Werden die Unterhaltspflichtigen durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz auch von notwendigen barrierefreien Umbauten des Eigenheims oder der genutzten Wohnung befreit?

Soweit es sich dabei um Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds von Pflegebedürftigen handelt, können Leistungen der Hilfe zur Pflege nach Maßgabe des § 64e SGB XII in Betracht kommen. Die 100.000 Euro-Grenze findet auch in diesem Fall Anwendung.

B. Budget für Ausbildung

19. Was ermöglicht das "Budget für Ausbildung" und welche Ausbildungen werden gefördert?

Mit dem "Budget für Ausbildung" erleichtern wir jungen Menschen mit Behinderungen den Einstieg in eine betriebliche Ausbildung. Dem Ausbildungsbetrieb wird mit diesem Instrument die gezahlte Ausbildungsvergütung erstattet. Darüber hinaus wird die erforderliche Unterstützung des Menschen mit Behinderungen am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule finanziert. Das "Budget für Ausbildung" ermöglicht damit eine Alternative auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Leistungen der beruflichen Bildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter. Das "Budget für Ausbildung" soll also Menschen mit Behinderungen trotz deren voller Erwerbsminderung eine reguläre Ausbildung ermöglichen. Vorbild ist das durch das Bundesteilhabegesetz eingeführte "Budget für Arbeit", das voll erwerbsgeminderten Menschen zu einem regulären Arbeitsverhältnis verhilft.

Das "Budget für Ausbildung" wird erbracht für eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder für einen Ausbildungsgang zu einem Fachpraktikerberuf, zu dem die zuständigen Stellen auf der Grundlage des § 66 Berufsbildungsgesetz bzw. § 42m der Handwerksordnung Ausbildungsregelungen erlassen haben. Die Leistungen setzen mit Abschluss des Vertrags für eine entsprechende Ausbildung und Aufnahme der Ausbildung ein.

20. Wie hoch ist der Ausbildungskostenzuschuss des "Budgets für Ausbildung"?

Die Kosten der Ausbildungsvergütung werden im Rahmen des "Budgets für Ausbildung" für die gesamte Dauer der Ausbildung vollständig übernommen.

21. Wie kann der Lebensunterhalt während der Ausbildung finanziert werden?

Wenn die Ausbildungsvergütung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nicht ausreicht und dem Auszubildenden kein weiteres Einkommen oder Vermögen zur Verfügung steht, besteht für die Dauer des geförderten Ausbildungsverhältnisses ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Auf das Einkommen von unterhaltsverpflichteten Eltern wird nur dann zurückgegriffen, wenn deren Jahreseinkommen höher als 100.000 Euro ist.

22. Welche Behörde ist für das "Budget für Ausbildung" zuständig?

Ansprechpartner für den Menschen mit Behinderungen und den Ausbildungsbetrieb ist die Behörde, die für die Leistungen zur beruflichen Bildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter zuständig ist. In der Regel ist das die Bundesagentur für Arbeit. Von dieser erhält der Ausbildungsbetrieb auch die Erstattung der Ausbildungsvergütung und die für die Auszubildenden erforderlichen Leistungen zur Unterstützung am Ausbildungsplatz.

23. Können sich die Integrationsämter an den Aufwendungen für persönliche Assistenz am Ausbildungsplatz beim "Budget für Ausbildung" beteiligen?

Wie beim "Budget für Arbeit" können sich die Integrationsämter auch an den Aufwendungen für ein "Budget für Ausbildung" beteiligen (§ 185 Absatz 3 Nummer 6 SGB IX). Ob und wie das geschieht, ist zwischen dem zuständigen Träger und dem Integrationsamt zu vereinbaren.

24. Kann ein "Budget für Ausbildung" auch in Anspruch genommen werden, wenn wegen der Behinderung der Besuch einer Berufsschule nicht möglich ist?

Auch wenn wegen Art oder Schwere der Behinderung eine Teilnahme am Berufsschulunterricht in einer Berufsschule am Ort des Ausbildungsplatzes nicht möglich ist, kann bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen ein "Budget für Ausbildung" bewilligt werden. Der schulische Teil der Berufsausbildung kann auch in einer Berufsschule einer Einrichtung der beruflichen Rehabilitation erfolgen. Hierbei wird es sich in erster Linie um Berufsbildungswerke handeln, die jungen Menschen eine berufliche Erstausbildung ermöglichen und in der Regel über eigene Berufsschulen/Sonderberufsschulen verfügen. Die hierfür entstehenden Kosten gehören zu den Aufwendungen, die das "Budget für Ausbildung" umfasst.

C. Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen

24. Was verbessert sich für Menschen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)?

Bislang ist es für Menschen mit Behinderungen, die Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer WfbM durchlaufen, meist sehr unsicher, ob sie einen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen haben. Einige erhalten Sozialgeld nach dem SGB II, wenn sie unter 25 Jahre alt sind und in einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II leben. Andere beziehen Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII oder auch Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII. Vom Elternunterhalt und damit von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern unabhängig - im Rahmen der 100.000 Euro-Grenze - ist nur der Leistungsanspruch nach SGB XII. Der Bezug von Sozialgeld nach dem SGB II und von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII setzt nach geltendem Recht voraus, dass die Eltern den Lebensunterhalt ihres erwachsenen behinderten Kindes nicht oder nicht vollständig selbst finanzieren können. Darüber hinaus ist es für die betreffenden Menschen mit Behinderungen ein Problem, dass bei möglichen Ansprüchen nach drei Sozialleistungssystemen häufig unklar ist, an welchen Leistungsträger sie sich wenden müssen und es zudem häufig zu Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den jeweiligen Trägern kommt.

Mit dem Angehörigenentlastungsgesetz werden diese Schnittstellen bereinigt, indem klargestellt wird, dass alle Menschen, die im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer WfbM durchlaufen, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten können. Voraussetzung für diesen Anspruch ist, dass sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, sicherstellen können. Auf das Einkommen von unterhaltsverpflichteten Elternteilen wird nur dann zurückgegriffen, wenn deren Jahreseinkommen jeweils höher als 100.000 Euro ist.

Zuständig für die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist stets der örtliche Träger der Sozialhilfe.

D. Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung

25. Warum wird die Förderung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung entfristet?

Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen sollen dauerhaft ein kostenfreies Beratungsangebot erhalten, das niedrigschwellig und von Leistungsträger- und Leistungserbringerinteressen unabhängig ist und sie entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse und Teilhabeziele berät, so dass sie diese auch mit bzw. trotz einer Teilhabebeeinträchtigung verwirklichen können.

Aus der bisherigen Umsetzung des Förderauftrags entwickelt sich gerade eine für alle Ratsuchenden offene und gut vernetzte Beratungslandschaft, die den Bedarfen von Menschen mit Behinderungen entspricht. Die Beratungen sind kompetent und grundlegend und vermitteln bei speziellen Fragen an entsprechend spezialisierte EUTB-Angebote. Damit bundeseinheitliche Standards und Strukturen der kollektiven Kompetenzen der EUTB-Angebote aufgebaut und geschützt werden können, wird die Finanzierung weitergeführt (siehe auch Koalitionsvertrag der 19. Wahlperiode vom März 2018).

26. Warum wird das Finanzierungsvolumen auf 65 Mio. Euro pro Jahr aufgestockt?

Die bislang zur Verfügung stehenden Fördermittel begrenzen den Aufbau eines flächendeckenden, niedrigschwelligen Angebotes. Die Aufstockung des Finanzierungsvolumens dient im Wesentlichen dem Ausgleich von Entgelt- und anderen Kostensteigerungen der bundesweit rd. 500 geförderten EUTB-Angebote. Die Personalkosten wurden bislang auf Basis des TVöD 2017 bewilligt. Die eingetretenen Koststeigerungen können nicht kompensiert werden, ohne in den Bestand der Angebote und damit die Versorgung der Ratsuchenden empfindlich einzuschränken.

27. Hat die Entfristung Auswirkung auf die Förderung 2021/2022?

Nein, die Aufstockung der Mittel wird erst ab 1. Januar 2023 haushalterisch greifen. Bis dahin bleibt es bei der bisherigen Sach- und Rechtslage.